Florian Hofmann and Jakob Zwiers
Die Ciruclar Economy beschreibt einen Ansatz, mit dem das lineare Wirtschaftsmodell (Take-Make-Waste) der gegenwärtig dominanten Überflussgesellschaft durch zirkulär ausgerichtete Konsum- und Produktionsformen (Reduce-Reuse-Recycling) abgelöst werden soll. Doch wird der Ansatz der Circular Economy hauptsächlich als ein rein ökologisches Modernisierungsprojekt der Ökonomie zur Erhöhung der Ressourceneffizienz thematisiert, das besonders durch technische Innovationen und digitale Lösungen charakterisiert ist. Bei der Circular Society wird demgegenüber bei der Umgestaltung und Neuordnung des Wirtschaftens an der sozio-politischen Dimension angesetzt, um die zirkuläre Schließung von Wertschöpfungsketten zu realisieren. In einer Circular Society würden lineare, intransparente und auf Ungleichheiten basierende Wertschöpfungsketten durch demokratische, transparente und kooperativ organisierte Wertschöpfungskreisläufe ersetzt, die die natürlichen Lebensgrundlagen für gegenwärtige und zukünftige Generationen erhalten, sowie soziale Teilhabe und Lebensqualität ermöglichen.
Jakob Zwiers (Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung, IZT) und Florian Hofmann (Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration, IZM) diskutieren die Circular Economy vor dem Hintergrund einer sozial-ökologischen Transformation und skizzieren darauf aufbauend das auf soziale Teilhabe, Lebensqualität und planterische Grenzen ausgerichtete Orientierungsgerüst "Circular Society", das zur konzeptionellen Weiterentwicklung der Circular Economy dient.
Die derzeitigen dominanten Produktions- und Konsumformen innerhalb eines auf preiswerten Natur- und Energieverbrauch ausgelegten Weltwirtschaftsmodells gefährden dauerhaft die Stabilität des Ökosystems Erde (Rockström 2009; Steffen et al. 2015). Denn einem solchen Wirtschaftsmodell ist ein lineares „take-make-dispose System“ implizit, das durch den ineffizienten Einsatz natürlicher Ressourcen entlang komplexer, global verflochtener Wertschöpfungsketten sowie während der Produktnutzungs- und -entsorgungsphase geprägt ist
Diese Problemstellung zum Anlass nehmend, wurden in den vergangenen 50 Jahren Konzepte zur Steigerung der gesamtwirtschaftlichen Ressourcenproduktivität entwickelt. Hierzu zählen besonders folgende Ansätze: Biomimikry (Benyus 1997), Blue Economy (Pauli 2010), Cradle-to-Cradle (Braungart/McDonough 2002) oder Performance Economy (Stahel/Reday-Mulvey 1981). Die Circular Economy (CE) bündelt die unterschiedlichen Elemente dieser Denkschulen, um einen Ansatz zur Dekarbonisierung und Dematerialisierung der gegenwärtigen Wirtschaftsstrukturen zu formen. Angelehnt an die metaphorische Hervorhebung der Zirkularität von Ökosystemen sollen Produkte und ihre Komponenten so designt und konstruiert sein, dass sie jederzeit mit geringem finanziellen und energetischen Aufwand in die Wirtschafts- und Materialkreisläufe zurückgeführt werden können. Die CE beabsichtigt die bestehenden chronologisch-endlichen Wertschöpfungsketten durch geschlossene Wertschöpfungskreisläufe zu ersetzen, um den Bestand natürlicher Ressourcen aufrechtzuerhalten und den Austrag gesundheits- sowie naturschädigender Stoffe zu minimieren (Ghiselini et al. 2016; Murray et al. 2017). Die zunehmende wissenschaftliche, politische und wirtschaftliche Bedeutung der CE kann auf nationaler sowie internationaler Ebene beobachtet werden (Geissdörfer et al. 2017; Kirchherr et al. 2017; Rizos et al. 2017).
Allerdings fokussiert sich diskursive Auseinandersetzung mit der Circular Economy größtenteils auf Wertschöpfungsmanagement, Product-Service-System sowie Produkt- und Geschäftsmodellinnovationen innerhalb bestehender Machtasymmetrien, wonach die CE als Träger einer neuen Effizienzrevolution interpretiert werden kann. Dies untermauert die von unterschiedlichen Interessengruppen postulierte Zielvorstellung, mit dem Ansatz der CE wirtschaftliches Wachstum vom Verbrauch natürlicher Ressourcen zu entkoppeln (u.a. EMF 2015; Lacy & Rutqvist 2015; Rubel et al. 2018; WEF 2014). Mit dieser eher technisch-orientierten Interpretation von Innovation werden tiefgreifende strukturelle Veränderungen der Wirtschaft jedoch nicht hinterfragt. Somit fehlt sowohl im wissenschaftlichen als auch im ökonomisch-politischen Circular Economy Diskurs die Berücksichtigung von Suffizienzstrategien und Lebensstilveränderungen, eine konstruktive Auseinandersetzung mit der vorherrschenden unternehmerischen Orientierung am Shareholderkonzept sowie eine Rekonstruktion bestehender Macht- und Herrschaftsverhältnisse.
Mit dem Begriff der Circular Society oder Kreislaufgesellschaft soll betont werden, dass es bei einer Erweiterung des bestehenden Circular Economy Ansatzes nicht nur um eine zusätzliche Beachtung einiger sozialer Aspekte handelt. Vielmehr soll ein Begriff geprägt werden, der den umfassenden Wandel verdeutlicht, der notwendig wird, wenn die Circular Economy Gegenstand einer sozial-ökologischen Transformation sein soll. Die Circular Society kann als horizontal ausgelegter Konsumptions- und Produktionsentwurf verstanden werden, der eine dezentrale sowie auf Zugänglichkeit und Transparenz gerichtete Form des Wirtschaftens einschließt. Sie soll eine weitestgehende Demokratisierung der Wertschöpfungsprozesse zulassen und Strategien zur Aktivierung sowie zur Emanzipation von unterschiedlichen Stakeholdergruppen verfolgen.